Glossar

0-9

1,5 Grad Ziel

Durch die Entwicklung der modernen Gesellschaft wurde gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter bereits ein globaler Temperaturanstieg um ein Grad Celsius ausgelöst. Hierbei handelt es sich um einen von Menschen erzeugten, also „anthropogenen“ Effekt, der durch die Freisetzung von Treibhausgasen wie etwa CO2 verursacht wird. Bei gleichbleibendem Anstieg der Temperatur erreicht die globale Erwärmung die 1,5 Grad wahrscheinlich zwischen 2030 und 2052. Allein dieser Anstieg bedeutet erhebliche Risiken für natürliche und soziale Systeme. Bei einer Erwärmung der Erde um im Mittel zwei Grad sind die Folgen noch sehr viel gravierender, so dass der Anpassungsbedarf und die durch den Klimawandel bedingten sozialen Konflikte bei einer globalen Erwärmung um 1,5 Grad in den meisten Fällen geringer sein werden. In dem Pariser Abkommen zur Senkung der Treibhausgasemissionen, das am 4. November 2016 als völkerrechtlich bindender Vertrag in Kraft getreten ist, setzen sich die Vertragsstaaten in Artikel 2.1a das ehrgeizige Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Das Pariser Abkommen wird das Kyoto Protokoll 2020 ablösen.

A

Absorption

Umwandlung von Strahlungsenergie in Wärmeenergie.

Altimetrie

Verfahren zur Höhenmessung von Wasserflächen: Mit Hilfe eines Radars oder Lasers kann vom Satelliten aus beispielsweise die Höhe der Meeresoberfläche oder eines Seespiegels gemessen werden. Hierzu werden kurzwellige Radio- oder Laserimpulse senkrecht nach unten ausgesendet, an der (Meeres-)Oberfläche reflektiert und das Signal am Satelliten wieder empfangen. Die Verfahren werden dann entsprechend Radar- oder Laser-Altimetrie genannt.

Aquifere

Wasserführende Gesteinsschicht. Eine Lage aus Gestein oder Sediment, die Grundwasser enthält. Wichtig: im deutschen Sprachgebrauch wird der englische Begriff Aquifer oft synonym zu Grundwasserleiter gebraucht. Mit Aquifer wird jedoch nur ein Grundwasserleiter bezeichnet, der auch wirklich Wasser enthält (= gesättigter Grundwasserleiter). Ein Grundwasserleiter hingegen ist ein Gesteinskörper, der generell in der Lage ist, Wasser zu transportieren. 

siehe auch Grundwasserleiter

B

Bodenspurabdeckung

Bodenspur bezeichnet die senkrechte Projektion der Flugbahn eines Satelliten auf die Oberfläche des umkreisten Himmelskörpers (z.B. der Erde), also die gedachte Spur, die der Satellit unter sich auf den Boden zeichnet. Die GRACE-Satelliten fliegen in ca. 94 Minuten auf einer nahezu kreisförmigen Bahn in etwa 500 km Höhe jeweils fast genau über die beiden Pole (die Neigung ihrer Bahnebene gegenüber dem Äquator ist 89°). Durch die Erdrotation ergeben sich über einen Tag damit 15-16 Bodenspuren, deren Abstand am Äquator etwa 1300 km und an den Polen nur wenige km beträgt.

C

Chronometrisches Nivellement

Die Ganggenauigkeit hochpräziser Atomuhren ist unter anderem auch vom Schwerepotentialwert am Ort der Beobachtung abhängig. Der dafür verantwortliche Effekt der sogenannten relativistischen Rotverschiebung basiert auf der Allgemeinen Einstein’schen Relativitätstheorie. Aus dem Vergleich der Frequenzen zweier Atomuhren mit einer relativen Genauigkeit von 10-18 lassen sich Höhenunterschiede mit einer Genauigkeit von 1 cm ableiten, solange vorausgesetzt werden kann, dass beide Uhren am selben Ort ein übereinstimmendes Ergebnis liefern würden.

Corioliskraft

Die Corioliskraft geht auf Erdrotation zurück, d.h. der Drehung der Erde um die eigene Achse. Durch die Rotation der Erde werden Teilchen und Körper, die sich in der Atmosphäre befinden, abgelenkt. Es kommt zu großen Rotationsbewegungen in der Luft, die das globale Windsystem prägen. So nutzen Flugzeuge, die von den USA nach Europa fliegen, den starken Rückenwind, der kontinuierlich von West nach Ost bläst, den sogenannten Jetstream. Aber auch die Schifffahrt profitierte jahrhundertelang von den sogenannten Passatwinden, die zuverlässig Segelschiffe nach Amerika und zurück brachten. Die Corioliskraft beeinflusst zudem große Meeresströmungen wie beispielsweise den Golfstrom oder ist für die Drehbewegung von Hurrikanen verantwortlich, wenn kalte Luftmassen auf warme Luftmassen treffen. Die Luftmassen drehen sich mit Hilfe der Corioliskraft beim Hurrikan zu einer Spirale und erzeugen Windgeschwindigkeiten von weit über 200 Kilometern pro Stunde.

E

Eisschild

Kontinentale Eismassen mit großer horizontaler Ausdehnung (mehrere tausend Kilometer) und Mächtigkeit (mehrere tausend Meter). Aktuell gibt es auf der Erde Eisschilde in Grönland und der Antarktis. Zum Zeitpunkt des letzten glazialen Maximums vor ca. 20.000 Jahren waren auch weite Teile Nordamerikas und Skandinaviens von Eisschilden bedeckt.

El Nino/La Nina

El Nino ist ein wiederkehrendes Wetterphänomen im Pazifik. Dabei handelt es sich um ein Wechselspiel von Atmosphäre und Ozean. El Nino wird als Beispiel für großräumige Klimaschwankungen betrachtet. Im Fall von El Nino handelt es sich um ein Hin- und Herschwingen zwischen zwei ausgeprägten Zuständen, bei dem sich die Zirkulation in der Atmosphäre für einen bestimmten Zeitraum grundlegend ändert. Das Klima kippt jedoch nicht um, wie oft angenommen wird. Vielmehr verändert sich das Luftdruck- und Windmuster zwischen Südamerika und Indonesien in unregelmäßigen Abständen von drei bis acht Jahren. Der El Nino 1982/83 führte zu Überschwemmungen in den Wüsten Perus und gleichzeitig zu enormer Trockenheit in Australien. La Nina ist das Gegenstück mit einer erhöhten Trockenheit an den Küsten Südamerikas und überdurchschnittlich hohen Niederschlägen in Ostaustralien und Südostasien. 

Essentielle Klimavariable

Die „Essential Climate Variable” ist eine physikalische, chemische oder biologische Variable oder eine Gruppe verknüpfter Variablen, die entscheidend zur Charakterisierung des Erdklimas beiträgt. Die Weltorganisation für Meteorologie zeichnet damit besonders wichtige Indikatoren für Veränderungen aus, welche bevorzugt beobachtet werden sollen. Seit 2022 ist auch der Gesamtwasserspeicher (TWS) offiziell eine essentielle Klimavariable.

G

Geoid

Das Geoid ist eine unregelmäßig geformte Bezugsfläche im Schwerefeld der Erde, an der alle Punkte das gleiche Schwerepotential erfahren (Äquipotentialfläche). Es handelt sich also um eine theoretische Bezugsfläche, die in guter Näherung durch den mittleren Meeresspiegel der Weltmeere repräsentiert und damit außerhalb der Landmassen direkt zugänglich ist. Das Geoid dient zur Definition von Höhen sowie zur Vermessung und Beschreibung der Erdfigur. Da das Geoid stark unregelmäßig deformiert ist, wird ein am GFZ berechnetes Modell des Geoids auch „Potsdamer Kartoffel“ genannt.

Gesamtwasserspeicherung

Die Gesamtmenge des auf den Landmassen der Erde vorhandenen Wassers wird als Gesamtwasserspeicherung (TWS) bezeichnet. Wichtige Beiträge zum Gesamtspeicher sind Schnee, Eis (in Gletschern und Eisschilden), Oberflächenwasser (in Flüssen, Seen, Feuchtgebieten und menschengemachten Reservoiren), Bodenwasser in der gesättigten und ungesättigten Zone sowie Grundwasser in verschiedenen Tiefenhorizonten.

Streng genommen trägt auch Wasser an der Oberfläche von Pflanzen oder die kurzfristige oberflächliche Speicherung in Mulden etc. zu TWS bei. Diese sind aber verschwindend gering und typischerweise sehr kurzlebig (wenige Stunden bis einige Tage nach einem Niederschlagsereignis) und werden deshalb regelmäßig vernachlässigt.

Die Gesamtmenge des Wassers im Erdsystem ist zeitlich nahezu konstant. Wasser in Ozeanen oder der Atmosphäre gehört aber explizit nicht zum TWS, so dass sich langfristige Veränderungen im Wasserkreislauf in zeitlichen Variationen der Größe TWS manifestieren, welche durch die GRACE-Satelliten dokumentiert werden können.

siehe auch TWS (engl. Terrestrial Water Storage)

Glazial-isostatische Anpassung

Bis zum heutigen Tag anhaltende Entlastungsbewegung der Erdkruste und des oberen Mantels in ehemals von kontinentalen Eisschilden bedeckten Regionen der Erde (z.B. Skandinavien und Nordamerika). Ursache ist die Zähigkeit des Materials im oberen Mantel, welches sich nur langsam an die stark veränderten Druckverhältnisse nach dem starken Abschmelzen seit dem letzten glazialen Maximum vor 20.000 Jahren anpasst.

Glaziologie

Im engeren Sinne ist die Glaziologie die Wissenschaft von den Gletschern. Sie beschäftigt sich aber auch mit anderen in der Umwelt auftretenden Formen von Eis, wie Schnee, Permafrost oder dem Inlandeis und Schelfeis der arktischen und antarktischen Gebiete.
Die Glaziologie ist unter anderem eng verwandt mit den Disziplinen Hydrologie, Geographie, Meteorologie und der Polarforschung.

Die Glaziologie ist unter anderem besonders relevant für die Erforschung der Folgen des Klimawandels, der (ant-)arktischen Ökosysteme, sowie für die Erforschung historischer Wetterverhältnisse (Paläoklimatologie).

Global Navigation Satellite Systems (GNSS)

Überbegriff für eine Klasse von Satellitenpositionierungssystemen, die von unterschiedlichen Ländern bzw. Staatengruppen betrieben werden. Dazu gehören GPS der USA, Galileo der Europäischen Union, das russische System GLONASS, die chinesische Lösung BEIDOU, sowie weitere regionale Satellitenpositionierungsdienste anderer Staaten.

Global Positioning System (GPS)

Satellitenpositionierungssystem des U.S. Militärs das auch zivilen Nutzern zur Verfügung steht. Mit Hilfe von nominell 24 Satelliten in drei verschiedenen Bahnebenen kann über eine Laufzeitmessung zu mindestens vier Satelliten auf jeden Punkt der Erde die 3D-Position eines Empfängers zentimetergenau bestimmt werden. Ähnliche Positionierungsgenauigkeiten werden auch im erdnahen Orbit mit speziellen Satellitenempfängern erreicht, die unter anderem auf den GRACE-Satelliten verbaut sind.

siehe auch Global Navigation Satellite Systems (GNSS)

Gravitation

Gravitation bezeichnet man auch als Schwerkraft oder Massenanziehungskraft. Gravitation ist die Kraft, die zwei oder mehrere Körper aufgrund ihrer Masse aufeinander ausüben. Die bekannteste Gravitationskraft ist die Erdanziehungskraft. Sie bewirkt, dass auf der Erde Körper nach „unten“, d.h. in Richtung Erdmittelpunkt, fallen. Im Sonnensystem trifft die Gravitationskraft auf die Fliehkraft von Planeten. Diese Kräfte heben sich jeweils im Massenmittelpunkt der Himmelskörper gegenseitig auf. Dies führt dazu, dass sich die Planeten auf stabilen Bahnen um die Sonne bewegen.

Gravity Recovery and Climate Experiment (GRACE)

Deutsch-Amerikanische Satellitenmissionen zur Überwachung von zeitlichen Änderungen der Massenverteilung im System Erde. Jede Mission besteht aus jeweils zwei baugleichen Satelliten deren relative Positionen im Weltraum kontinuierlich vermessen werden. Die erste GRACE-Mission wurde 2002 gestartet und lieferte Daten bis 2017. Mit GRACE-FO werden die Beobachtungen seit 2018 fortgesetzt. Nach Ablauf der nominellen Missionsdauer von GRACE-FO im Jahr 2023 befindet sich die Mission gegenwärtig in der „Extended Mission Phase“ die unter optimalen Bedingungen noch mehrere Jahre lang Beobachtungen erlauben könnte. Für die langfristige Fortsetzung des Beobachtungsprogramms wird gegenwärtig die Mission GRACE-C für einen Start im Jahr 2028 vorbereitet.

Grundwasserleiter

Eine Schicht aus Gestein oder Sediment, die dazu geeignet ist Wasser zu speichern und zu transportieren.

Ist die Schicht vollständig mit Wasser gefüllt, spricht man von einem gesättigten Grundwasserleiter (engl. Aquifer). Im deutschen Sprachraum wird der Begriff Aquifer häufig ungenau synonym zur Bezeichnung von Grundwasserleitern im Allgemeinen benutzt, unabhängig von deren Sättigung.

Verwandte Begriffe: Geringleiter = gering leitender Grundwasserleiter (engl. Aquitarde). Grundwassernichtleiter = nicht leitende Gesteinsschicht (engl. Aquiclude).

H

Hochwasser

Hochwasser sind immer wieder auftretende natürliche Ereignisse, die durch ein komplexes Zusammenspiel meteorologischer und hydrologischer Prozesse entstehen. Hochwasser wird der Zustand bei Gewässern genannt, bei dem sich der Wasserstand oder der Abfluss (oder beides) deutlich über dem normalen Pegelstand des Gewässers befindet. Dabei muss es nicht zu Überflutungen kommen. In Gewässern mit Ebbe und Flut (Gezeiten oder auch Tiden) bezeichnet Hochwasser den Eintritt des höchsten Wasserstands einer Tide beim Übergang von der Flut zur Ebbe. Es wird zwischen regelmäßig wiederkehrenden Hochwassern (Gezeiten, Frühjahrshochwasser) und unregelmäßigen oder einmaligen Ereignissen (Tsunami, Sturmfluten, "Jahrhunderthochwasser" an einem Fluss) unterschieden.

Hydrologie

Wissenschaft vom Wasserkreislauf. In der Hydrologie wird die zeitliche und räumliche Verteilung des Wassers, dessen Eigenschaften und dessen Wechselwirkungen mit der Umwelt untersucht. Folgende Wissenschaften sind verwandte Disziplinen oder Teilgebiete der Hydrologie, je nach Definition: Hydrogeologie, Hydrometeorologie, Hydrometrie, Hydrographie, Limnologie, Gewässerkunde, Ozeanologie, Glaziologie. Die Hydrologie steht in engem Austausch mit den Disziplinen Geologie, Bodenkunde (Pedologie), Meteorologie, Geographie und vielen anderen Geowissenschaften.

Die Hydrologie ist unter anderem relevant für die Wasserwirtschaft, die Wasserversorgung, die Energiegewinnung, die Vorhersage und das Management von hydrologischen Extremen wie Hochwasser, Starkregen oder Dürren.

I

IPCC

Der Intergovernmental Panel on Climate Change – kurz IPCC – ist ein zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen. Bekannt ist der IPCC auch als Weltklimarat. Es handelt sich dabei um ein wissenschaftliches Gremium, welches den aktuellen Stand zum Klimawandel zusammenträgt und dadurch den politischen Entscheidungsträgern eine klare Orientierung bei ihren Beschlüssen gibt. Durch die wissenschaftliche Beleuchtung von Chancen und Risiken, die sich aus den Ergebnissen der Klimaforschung ergeben, lassen sich Strategien zur Minderung des Klimawandels oder von Treibgasemissionen ableiten.

In Deutschland wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 1998 die Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle am Projektträger des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR Projektträger) eingerichtet. Sie hat u.a. die Aufgabe, den Wissenstransfer zwischen Klimaforschung und Klimapolitik zu erleichtern und den Beitrag der deutschen Klimawissenschaft zum IPCC stärken. 

K

K-Band Ranging (KBR)

Das K-Band Ranging (KBR) System, auch bekannt als Mikrowellen-Instrument (MWI), ist das wichtigste wissenschaftliche Instrument auf GRACE und GRACE-FO. Es liefert präzise 1 Mikrometer (etwa der Durchmesser eines Blutkörperchens) genaue Messungen der Entfernungsänderung zwischen den beiden Satelliten - und damit auch der Variation der Erdanziehungskraft - durch die Messung von Mikrowellensignalen, die zwischen den beiden Satelliten gesendet werden. Jeder Satellit sendet Signale an den anderen auf zwei Frequenzen (24 Gigahertz (K-Band) und 32 Gigahertz (Ka-Band)), wodurch sich evtl. Signalverzögerungen in der Ionosphäre korrigieren lassen.

Klima

Im Unterschied zum Wetter, das sich auf tagesaktuelle oder sehr kurzfristige Ereignisse bezieht, meint Klima einen mittleren Zustand in der Atmosphäre über einen längeren Zeitraum von 30 bis 40 Jahren hinweg. Beobachtet werden dabei alle Vorgänge wie durchschnittliche Temperatur, Niederschlag, Windrichtung, Windstärke oder Sonneneinstrahlung. Durch die Summe der Messdaten lassen sich typische Schwankungen im jahreszeitlichen Verlauf ermitteln, aber auch Abweichungen von üblichen Durchschnittswerten. Das Klima wird jedoch noch von weiteren Faktoren beeinflusst wie beispielsweise die Höhe eines Standorts oder die Nähe des Meeres (Meeresklima versus Kontinentalklima).

Klimamodelle

Klimamodelle sind Werkzeuge, die das Klimasystem rechnergestützt simulieren, indem die das Klimasystem beschreibenden physikalischen Grundgleichungen auf Supercomputern gelöst werden. Die Computer-Modelle, die so entstehen, werden zumeist angewendet, um Daten zu analysieren, Klimaprozesse zu verstehen und Vorhersagen zu erstellen. Im Laufe der Zeit haben sich diese Modelle von einfachen Atmosphäre-Ozean-Anwendungen zu komplexen Simulatoren des Erdsystems entwickelt, den sogenannten globalen Klimamodellen (Reklim.de).

Bei Klimamodellen wird häufig mit Szenarien gearbeitet, um Klimaänderungen zu berechnen und die Auswirkungen gegenwärtig feststellbarer Entwicklungen auf die Zukunft vorherzusagen – beispielsweise durch eine gleichbleibende Freisetzung, Steigerung oder Reduktion von Treibhausgasen. Klimamodelle sind für zahlreiche Bereiche in Wirtschaft und Gesellschaft von Bedeutung. So nutzt die Versicherungswirtschaft regionale und globale Klimamodelle, um Schadensszenarien für die Zukunft zu entwerfen. So lautet eine Frage etwa: Wie ändert sich die jährliche Schadenerwartung für Hochwasser unter einem sich ändernden Klima?

Klimaprojektion

Numerische Modellexperimente zur langfristigen Entwicklung der klimatischen Verhältnisse auf der Erde. Während die Wetterbedingungen in erster Linie von den Anfangsbedingungen bestimmt sind (Luftdrucksysteme über dem Nordatlantik bestimmen wenige Tage später das Wetter in Europa) sind die klimatischen Bedingungen vor allem von den Randbedingungen abhängig (die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre bestimmt die Energiebilanz des Planeten und damit die langfristige Temperaturentwicklung). Vorhersagen von künftigen Entwicklungen aufgrund von Anfangsbedingungen werden in der Meteorologie als Vorhersagen bezeichnet, während langfristige Prognosen aufgrund von veränderten Randbedingungen für eine bessere Unterscheidbarkeit als Klimaprojektionen bezeichnet werden.

Kryosphäre

Kryosphäre sind alle Teile eines Klimasystems, die mit Eis bedeckt sind. Zur Kryosphäre auf der Erde gehören, Gletscher, Polareis, Eisschilde, Meereis oder Schnee. Die Kryosphäre ist ein wichtiger Indikator für Klimaveränderungen und trägt erheblich zum Energiehaushalt der Erde bei. Denn geht beispielsweise das antarktische Eisschild zurück, verändert sich der Meeresspiegel oder der Salzgehalt des Meeres. Auch das Reflexionsvermögen der Erde gegenüber Sonnenstrahlen verringert sich, wenn Eis- und Schneeflächen abschmelzen. Luft, Wasser und Boden erwärmen sich in der Folge schneller.

L

Laser Ranging Interferometer (LRI)

Das "Laser Ranging Interferometer" (LRI) misst Abstandsänderungen zwischen den beiden GRACE-FO-Satelliten. Laser-Interferometrie bezeichnet alle Messmethoden, die die Überlagerung oder Interferenz von Laser-Wellen nutzen um Messungen im Genauigkeitsbereich von Bruchteilen der Wellenlänge von sichtbarem Licht durchzuführen.

Dadurch erreicht das LRI eine Genauigkeit im Nanometer-Bereich und ist um mehrere Größenordnungen präziser als klassische mikrowellenbasierte Distanzmessverfahren. Nach der erfolgreichen Technologie-Demonstration auf GRACE-FO wird das LRI für zukünftige Missionen wie GRACE-I zum primären Abstandsmessinstrument zukünftiger Schwerefeldmissionen weiterentwickelt werden.

Laser Ranging Station Potsdam

Die aktuelle Satelliten-Laserradarstation Potsdam (SLR – Satellite Laser Ranging) arbeitet seit Januar 2003 kontinuierlich innerhalb des weltweiten ILRS-Netzwerkes (ILRS - International Laser Ranging Service). Das SLR-Verfahren wurde 1964 eingeführt und ist nach wie vor eine der genauesten raumgestützten geodätischen Techniken, wobei die Messgenauigkeit kontinuierlich verbessert wurde. Die Beobachtungen erfolgen zwischen den Bodenstationen und Laser-Retroreflektoren auf den Satelliten. Sie werden verwendet zur Bestimmung der Satellitenbahn (Satellitenpositionen und -geschwindigkeiten) sowie zur Überwachung von Erdrotationsparametern (Polbewegung und Tageslänge) und der dreidimensionalen Verformungen der festen Erde (Stationskoordinaten und -geschwindigkeiten). Zudem tragen SLR-Beobachtungen dazu bei, die langwelligen Koeffizienten des Erdschwerefeldes zu bestimmen.

Laserretroreflektor (LRR)

Als Laserretroreflektor wird ein passives optisches Spiegelsystem bezeichnet, das auftreffende Laserstrahlen gerichtet zur Lichtquelle zurückwirft. Die Reflexe von Laserreflektoren werden vor allem zur Laufzeit- und Entfernungsmessung, insbesondere zu Satelliten, verwendet. Für dieses „Satellite Laser Ranging (SLR)“ wird ein Netz von weltweit verteilten Bodenstationen verwendet, wovon eine beim GFZ in Potsdam sich befindet. Meist sind die Laserreflektoren aus mehreren kleinen Tripelspiegeln zusammengesetzt – optische Prismen, die jeden auftreffenden Strahl in sich selbst reflektieren. Sie haben ein ähnliches Prinzip wie die Katzenaugen-Rückstrahler in der Verkehrstechnik, sind aber wesentlich genauer geschliffen (auf wenige Bogensekunden genau oder besser), um die enge Bündelung des Laserstrahls zu erhalten.

Level-3 Gitterdaten

Global definierte Rasterdaten in zwei Dimensionen (geographische Länge und Breite) der aus den Daten der GRACE-Missionen bestimmten Massenanomalien. Hierzu werden zunächst alle individuellen Sensordatenströme separat mit hoher zeitlicher Auflösung prozessiert (Level-1), danach alle Daten eines Monats in ein globales Schwerefeldmodell zusammengeführt (Level-2) und dieses dann in einzelne Gitterdatensätze von Massenanomalien zerlegt (Level-3). Im Gravis-Portal des GFZ werden unter anderem spezielle Gitterdatensätze für den kontinentalen Gesamtwasserspeicher (TWS), Eismassenänderungen in Grönland und der Antarktis sowie barystatische Meeresspiegeländerungen angeboten.

M

Mantelkonvektion

Die Temperaturunterschiede im Erdinneren führen im Erdmantel zur Ausbildung von Konvektionsströmen. Es steigt also heißes flüssiges Gesteinsmaterial auf, kühlt im oberen Mantelbereich ab und sinkt wieder nach unten.

Massen- oder Schwereanomalie

Eine Schwereanomalie ist die lokale Abweichung der Schwerebeschleunigung vom theoretischen Normalwert auf einer Referenzfläche. Diese ist im Fall der Erde meist ein Referenzellipsoid. Die Schwerebeschleunigung ist eine vektorielle Größe und berechnet sich dabei aus dem skalaren Schwerepotential durch Gradientenbildung in alle 3 Raumrichtungen. Aus gemessenen Schwereanomalien lässt sich auf die zugrundeliegenden Massenanomalien rückschließen.

siehe auch Schwerefeldmodellierung

Meereis

Als Meereis wird das Eis bezeichnet, das sich durch Gefrieren von Meerwasser bildet. Zum Meereis zählt weder das dauerhaft auf dem Land liegende Eis von Gletschern und Eisschilden, noch von ihm abbrechende Eismassen, also Eisberge. Die Beobachtung des Meereises der Arktis ist für Forscher deshalb wichtig, weil das Meereis als kritisches Element im Klimageschehen und als Frühwarnsystem für die globale Erwärmung gilt.

Meridian

Ein Meridian bezeichnet in der Geographie einen vom Nord- zum Südpol verlaufenden Halbkreis an der Erdoberfläche. 

Multi-Purpose Space Mission-Simulatoren

Neuartige Satellitenmissionen werden regelmäßig mit Hilfe von rein virtuellen und stark modularisierten Testumgebungen entwickelt. Unter Berücksichtigung detaillierter Satellitenmodelle können verschiedenste Wechselwirkungen zwischen diversen Sensoren, Satellitensystemen und der Weltraumumgebung in unterschiedlichen Umlaufbahnen realitätsnah simuliert werden, um die Qualität der wissenschaftlichen Daten zukünftiger Schwerefeldmissionen zu optimieren. 

O

Ozeanischer Bodendruck

Der Meeresbodendruck ist der kombinierte Druck, der durch die hydrostatische Wirkung der Meerwassersäule und der darüber liegenden Atmosphäre verursacht wird. Zeitliche Veränderungen im ozeanischen Bodendruck und deren räumliche Gradienten sind Indikatoren für zahlreiche dynamische Prozesse im Ozean (wie beispielsweise Gezeiten, die windgetriebene Zirkulation und in eng umgrenzten Regionen am Kontinentalhang auch für die meridionale Umwälzzirkulation).

P

Plattentektonik

Der deutsche Meteorologe und Polarforscher Alfred Wegener formulierte 1912 seine Theorie der Kontinentalverschiebung. Die Plattentektonik, also die Bewegung verschiedener Erdplatten, die sich entweder aufeinander zu (Kollision oder auch Subduktion), voneinander weg (Divergenz) oder aneinander vorbei (Transformverschiebung) bewegen, ließ sich erst Jahre später erklären.

Das Gesteinsmaterial der Erdplatten der Erdkruste (äußerste Hülle der Erde) wird mit zunehmender Tiefe ins Erdinnere im oberen Mantel (die Kruste unterlagernde Erdschicht) erhitzt. Dadurch reduziert sich die Gesteinsdichte und heißes, (zäh)flüssiges Gestein steigt zur Oberfläche auf, wo es dann wieder abkühlt und absinkt. Dieser Prozess, des Aufheizens, Aufsteigens, Abkühlens und Absinkens wird als Konvektion bezeichnet. Die Bewegung der Kontinentalplatten wird durch Konvektionsprozesse begründet. Entlang von Plattengrenzen kommt es immer wieder zu Erdbeben, Tsunamis und vulkanischer Aktivität.

S

Satelliten-Empfangsstation Ny-Ålesund

Seit 2001 betreibt das GFZ auf Spitzbergen (78° 55´ Nord, 11° 56´ Ost) eine Satelliten-Empfangsstation, um Daten von Forschungssatelliten in polaren Umlaufbahnen zu empfangen. Die Station befindet sich etwa einen Kilometer außerhalb der Ortschaft Ny-Ålesund und ist nur circa 1.200 km vom Nordpol entfernt.

Satellitengravimetrie

Verfahren zur Vermessung des Erdschwerefeldes mittels Satelliten. In den vergangenen 20 Jahren wurden verschiedene moderne Varianten realisiert: (1) Laufzeitmessungen zwischen hochfliegenden GPS-Satelliten und einem tieffliegenden Satelliten (high-low satellite-to satellite tracking). Erstmals erfolgreich realisiert im Jahr 2000 mit der CHAMP-Mission des GFZ. (2) Laufzeitmessungen zwischen zwei tieffliegenden Satelliten (low-low satellite-to satellite tracking). Erstmals erfolgreich realisiert mit der amerikanisch-deutschen Mission GRACE im Jahr 2002. (3) Mit einem dreiachsigen Gradiometer im Massezentrum eines tieffliegenden Satelliten (satellite gradiometry) unter aktiver Kompensation der nicht-gravitativen Störkräfte. Erstmals realisiert im Jahr 2009 durch die ESA-Mission GOCE unter Beteiligung des GFZ im Rahmen des wissenschaftlichen Auswertesegments der Mission (High-Level Processing Facility). Vor dem Start der modernen Schwerefeldsatellitenmission CHAMP, GRACE und GOCE konnten lediglich SLR-Messungen zu passiven Satelliten wie LAGEOS (seit 1976) zur Schwerefeldbestimmung herangezogen werden. Die ersten experimentellen SLR-Beobachtungen auf dem Telegraphenberg erfolgten im Jahr 1974.

Schwerefeld der Erde

Das Schwerefeld der Erde setzt sich aus der Erdanziehung (Gravitation) und der durch die Erdrotation verursachten, breitenabhängigen Zentrifugalbeschleunigung zusammen. Die Materie in und auf der Erde ist nicht gleichmäßig verteilt. Wasser, lockere Sedimente (wie Sanddünen) oder magmatische Gesteine (wie Felsformationen) haben sehr unterschiedliche Dichten und erzeugen deshalb stärkere beziehungsweise geringere Anziehungskräfte. Zusätzlich finden Massenumverteilungen an der Erdoberfläche statt, beispielsweise verursacht durch den globalen Wasserkreislauf oder das Abschmelzen von Eismassen. Das Schwerefeld weist folglich Unterschiede sowohl räumlicher als auch zeitlicher Natur auf. Diese variable Erdanziehung führt dazu, dass die physikalische Form der Erde keine perfekte drehende Kugel, auch keine „abgeplattete Kugel“ (Rotationsellipsoid), sondern ein zeitlich veränderliches „kartoffelartiges Gebilde“ (Geoid) mit Einbuchtungen und Aufwölbungen ist. Minimalste Änderungen des Geoids können vom Weltraum aus mit der Satellitengravimetrie präzise vermessen werden.

siehe auch Satellitengravimetrie

Schwerefeldmodell

Ein Schwerefeldmodell beschreibt in mathematisch kompakter Form die räumliche Verteilung der Erdanziehung (Gravitation) für eine bestimmte Zeitepoche. Die Darstellung des Gravitationspotentials für einen Punkt im Außenraum der Erde (außerhalb der Erdmassen inklusive der Atmosphäre) in sphärischen Koordinaten (Länge, Breite, Höhe) wird durch eine unendliche Reihe von (vollständig normierten) Kugelflächenfunktionen des Grades l und der Ordnungen m beschrieben werden. 

Das Gravitationspotential ist ein direktes Maß dafür, wieviel Energie ein Körper im freien Fall aufgrund des Gravitationseinflusses der umgebenden Massen gewinnen kann. Bewegt sich ein Körper der Masse m im freien Fall von A nach B, dann ist der Zugewinn an Bewegungsenergie gleich seiner Masse multipliziert mit der Differenz der Gravitationspotentiale in A und in B.

Stochastik/stochastische Modellierung

Berücksichtigung von zeitlich und räumlichen Unsicherheiten in verschiedenen Informationsbausteinen welche zur Berechnung von Schwerefeldmodellen aus GRACE-Satellitendaten erforderlich sind. Zu diesen Unsicherheiten gehören systematische Fehler einzelner Sensoren (wie beispielsweise Temperaturabhängigkeiten), Auswirkungen der Satellitenplattform auf die Sensoren (gelegentliche Aktivität von Manövrierdüsen), externe Einflüsse wie die Sonnenaktivität (erhöhte nicht-gravitative Störkräfte) sowie Fehler in geophysikalischen Hintergrundmodellen (ozeanische Gezeiten in den antarktischen Küstenregionen sind deutlich schlechter bekannt als im offenen Ozean). Die mathematische Beschreibung von zeitlich und räumlich variablen Fehlern einschließlich deren Korrelationen über Fehlerkovarianz-Matrizen erlaubt die optimale Kombination der verschiedenen Datenquellen für die Berechnung von Schwerefeldern bzw. Massenverteilungen.

T

Terrestrial Water Storage (TWS)

Terrestrischer Wasserspeicher oder Terrestrial Water Storage

siehe auch Gesamtwasserspeicherung

W

Wasserkreislauf

Der Wasserkreislauf beschreibt den Transport von Wasser aus den Meeren, durch die Atmosphäre, auf das Festland und von dort wieder zurück in die Meere. Das Wasser wechselt bei dieser Reise mehrfach seine Aggregatzustände, d.h. es bewegt sich als flüssiges Wasser, als Wasserdampf oder als Eis. Der Wasserkreislauf ist ein geschlossenes System, d.h. die Erde verliert kein Wasser.

Die Prozesse, die hauptsächlich am Wasserkreislauf beteiligt sind, sind Verdunstung (auch Evapotranspiration), Niederschlag, oberirdischer Abfluss in Bächen und Flüssen, die Versickerung, der unterirdische Transport durch Boden und Grundwasser, sowie die Speicherung z.B. in Gletschern, Schnee, Seen oder Grundwasserleitern.

In gewissen Ausmaß steht Wasser auch im Austausch mit dem Erdinnern, wohin es durch die Subduktion von Kontinentalplatten transportiert und durch Vulkanismus wieder hervor gefördert wird.