Die GRACE-Satelliten

Die beiden Satelliten der ersten GRACE-Mission beruhten wesentlich auf dem Design der CHAMP-(Challenging Mini-Satellite)Mission des GFZ, die im Juli 2000 gestartet und über 10 Jahre zur Vermessung des Erdschwere- und Magnetfeldes betrieben wurde. Die CHAMP-Plattform wurde im Auftrag des GFZ von der Daimler Chrysler Aerospace Jena Optronik GmbH (DJO) in Kooperation mit der Dornier Satellitensysteme GmbH (ehemals DSS, heute Airbus) und der Raumfahrt und Umwelttechnik GmbH (RST) konstruiert und gebaut. CHAMP war der Prototyp für eine Reihe von Nachfolgemissionen von Airbus wie TerraSAR-X (DLR, Start 2007), TanDEM-X (DLR, Start 2010) oder Swarm (ESA, Start 2013). Die unter dem Begriff „Flexbus“ bekannte Technologie beruht auf einer Reihe von herausragenden Plattformeigenschaften, die insbesondere für Schwerefeldmissionen entwickelt und realisiert wurden und aus diesem Grund von JPL/NASA für GRACE (2002-2016) und GRACE-FO (seit 2018) an Airbus in Immenstaad in Auftrag gegeben wurden. 

Auch die Satelliten der Nachfolgemission GRACE-C (Start 2028) sollen wieder bei Airbus gebaut werden. Denn die Satelliten verfügen über die folgenden speziellen Eigenschaften:

  • „Ruhige Satelliten“: Die beiden Satelliten werden durch seismische Mikrostörungen nur extrem gering beeinflusst. Sie besitzen zudem eine exzellente elektromagnetische Kompatibilität, d.h. kein Bauteil wird durch ungewollte elektrische oder elektromagnetische Effekte gestört. Schließlich lässt sich das Massenzentrum der Satelliten, das sich z.B. durch unsymmetrisches Entleeren der beiden Tanks im Laufe der Zeit verändern kann, im Orbit durch Verschieben von Testmassen regelmäßig auf 0,1 Millimeter konstant halten.
  • „Thermische Stabilität“: Die Temperatur kann auf beiden Satelliten auf 0,1° Celsius pro Umlauf stabil gehalten werden, um störende Veränderungen der Struktur und Fehlinterpretationen der Abstandsmessungen zwischen den Satelliten zu vermeiden. Dies wird durch regelmäßiges Schalten von Heizelementen und die Ableitung der entstehenden Wärme nach außen über eine speziell entwickelte Folie am Boden der Satelliten erreicht.
  • „Mechanische Stabilität“: Aus ähnlichen Gründen muss die Struktur der beiden Satelliten extrem stabil sein, damit die Änderungen über einen Umlauf weniger als 2 Mikrometer betragen. Dies wird dadurch erreicht, dass die Struktur aus CFRP (Carbon Fiber Reinforced Polymer bzw. auf Deutsch Kohlenstofffaserverstärkter-Kunststoff) hergestellt wurde. Zusätzlich wird keramisches Material (Silicium-Carbid) verwendet, welches die Sternenkameras verbindet, um eine hochpräzise Ausrichtung der Satelliten im All sicher zu stellen.
  •  „Ausrichtgenauigkeit“: Für die Abstandsmessung zwischen den Satelliten müssen beide Satelliten kontinuierlich sehr präzise aufeinander ausgerichtet sein. Verschiedene Instrumente an Bord der beiden Satelliten, wie GPS-Empfänger, Sternenkamerasysteme oder hochgenaue Kreiselstabilisator, realisieren die notwendige Genauigkeit von 140 Mikrorad (das entspricht ca. 28 Metern Ausrichtfehler bei einem Abstand von 200 Kilometer). 
  • „Missionsdauer“: Um die Missionsdauer von mindestens 5 Jahren zu realisieren, sind alle wesentlichen Systeme (Lage- und Temperaturregelung, Energieversorgung, Datenspeicherung etc.) auf der Plattform doppelt vorhanden, und es gibt keinerlei Einflüsse zwischen ihnen. Alle Systeme sind so ausgelegt, dass Treibstoffverbrauch minimiert ist. Dazu zählt auch ein aerodynamisches Design der Satellitenstruktur. Dies führte dazu, dass die Lebensdauer von GRACE mehr als 15 Jahre betrug. Auch GRACE-FO ist seit dem fünfjährigen Startjubiläum im Mai 2023 bereits in seiner Zusatzmissionsphase.

Abstandsmessung

Die kontinuierliche Vermessung des Abstands der beiden GRACE- bzw. GRACE-FO-Satelliten ist die primäre Beobachtung zur Vermessung von zeitlichen und räumlichen Veränderungen des Schwerefeldes. Die in einem Abstand von rund 200 Kilometern hintereinander fliegenden Satelliten werden, zeitlich etwas versetzt, mal stärker und mal schwächer angezogen – je nachdem, wieviel Masse sich unter ihnen befindet. Dies führt zu einer kontinuierlichen kleinen Änderung des Satellitenabstandes. Als primäres Instrument für dessen Vermessung dient auf beiden Missionen das vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA speziell für GRACE entwickelte äußerst präzise Distanzmesssystem HAIRS (High Accuracy Inter-satellite Ranging System), dessen Genauigkeit wenige Tausendstel Millimeter beträgt. Dies entspricht etwa dem Zehntel des Durchmessers eines menschlichen Haares.
Auf GRACE-FO wird zusätzlich ein Laser Ranging Interferometer (LRI)Das "Laser Ranging Interferometer" (LRI) misst Abstandsänderungen zwischen den beiden GRACE-FO-Satelliten. Laser-Interferometrie bezeichnet alle Messmethoden, die die Überlagerung oder Interferenz von Laser-Wellen nutzen um Messungen im Genauigkeit... als Technologiedemonstrator für künftige Schwerefeldmissionen betrieben. Das LRI ist eine Kooperation zwischen dem JPL und deutschen Partnern unter Federführung des Max-Planck-Instituts für GravitationGravitation bezeichnet man auch als Schwerkraft oder Massenanziehungskraft. Gravitation ist die Kraft, die zwei oder mehrere Körper aufgrund ihrer Masse aufeinander ausüben. Die bekannteste Gravitationskraft ist die Erdanziehungskraft. Sie bewirkt,...sphysik (Albert-Einstein-Institut, AEI) in Hannover. Das LRI-Konzept, seine Prototypen und die technischen Spezifikationen kommen vom AEI, dessen Forscher:innen intensiv an der Entwicklung und den Tests der Flughardware beteiligt waren. 
Die deutschen Beiträge zum LRI umfassen das gesamte optische System, bestehend aus 

  • einem Umlenkspiegel (Tripple Mirror Assembly, TMA), gefertigt von Hensoldt (ehemals Zeiss) in Oberkochen, 
  • der optischen Bank (Optical Bench Assembly, OBA) von SpaceTech GmbH in Immenstaad, welche auf Industrieseite den gesamten deutschen LRI-Beitrag verantwortete, Optoelektronik vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) in Berlin-Adlershof sowie elektronischen Baugruppen von Apcon AeroSpace & Defence in Neubiberg bei München,
  • Instrumenten zur Kalibrierung, entwickelt und geliefert vom DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen,
  • der von JPL verantworteten LRI-Elektronik (Optical Bench Electronics, OBE), den LRI-Prozessor (Laser Ranging Processor, LRP), die optische Frequenzreferenz (Cavity), und die Beschaffung des Lasers bei der Tesat Spacecom GmbH & Co. KG in Backnang bei Stuttgart.

Das LRI hat auf GRACE-FO all seine Erwartungen übertroffen. Es liefert seit seiner ersten Inbetriebnahme am 14. Juni 2018 quasi kontinuierlich Messdaten, sofern nicht betriebliche Gründe auf den Satelliten (z.B. Manöver oder spezielle Tests) dies verhindert haben. Das hochfrequente Messrauschen des LRI ist mit 2 Nanometern deutlich geringer als seine Spezifikation von 60 nm und damit lediglich von der Größenordnung der Dicke eines DNA-Strangs, und dies bei einem Abstand von ca. 200 Kilometern und einer Geschwindigkeit der Satelliten von ca. 27.000 km/h. Es hat sich zudem bestätigt, dass hochfrequente (kleinskalige) Signaturen im Erdschwerefeld sich mit dem LRI deutlich genauer bestimmen lassen. Damit hat sich das Lasersystem dem Mikrowellenverfahren gegenüber als deutlich überlegen erwiesen und wird daher auf zukünftigen Missionen routinemäßig anstelle der Mikrowelleninterferometer verwendet werden.

Text: Prof. Dr. Frank Flechtner, GFZ

Weiterführende Informationen

Weiterführende Literatur

  • Sheard B. et al. (2012): Intersatellite Laser Ranging Instrument for the GRACE Follow-On Mission, J. Geod., doi: 10.1007/s00190-012-0566-3.
  • Abich K. et al. (2019): In-Orbit Performance of the GRACE Follow-On Laser Ranging Interferometer, Phys. Rev. Lett., doi: 10.1103/PhysRevLett.123.031101.
  • Kornfeld, Richard P., Arnold, Bradford W., Gross, Michael A., Dahya, Neil T., Klipstein, William M., Gath, Peter F., and Bettadpur, Srinivas, 2023. GRACE-FO: The Gravity Recovery and Climate Experiment Follow-On Mission. Journal of Spacecraft and Rockets, 60(1):1–1, doi:10.2514/1.A34326.c1.