11.09.2023

Die Satelliten-Empfangsstation Ny-Ålesund

Schneelandschaft mit Kuppeln
Carsten Falck, GFZ

Das GFZ betreibt eine Satelliten-Empfangsstation in Ny-Ålesund, Spitzbergen, um Daten von Forschungssatelliten in polaren Umlaufbahnen zu empfangen. Für die GRACE-FO-Satelliten arbeitet sie als primäre Empfangsstation und ist damit für den kontinuierlich zuverlässigen Empfang aller GRACE-FO-Daten verantwortlich. 

Text: Prof. Dr. Frank Flechtner

Viele wissenschaftliche Satelliten fliegen in niedrigen, polaren Umlaufbahnen mit kurzen Umlaufzeiten, die nur ca. 95 Minuten betragen. Diese niedrigen Umlaufbahnen sind günstig für viele Arten von Messungen, denn so sind die Satelliten verhältnismäßig nahe an der zu beobachtenden Umgebung, also der Erdoberfläche oder der niedrigen Atmosphäre. Die polaren Umlaufbahnen ermöglichen Beobachtungen über allen Erdregionen, inklusive der Polarregionen. Darum macht es Sinn, Empfangsstationen für Satelliten in der Nähe der Pole zu errichten.

Die Satelliten-Empfangsstation in Ny-Ålesund (NYA) auf Spitzbergen (78° 55´ Nord, 11° 56´ Ost) befindet sich etwa einen Kilometer außerhalb der Ortschaft, zwischen der Startbahn des örtlichen Flugplatzes und dem Kongsfjord. Ny-Ålesund ist mit einer Entfernung von nur ca. 1200 km bis zum Nordpol der nördlichste Ort, der mit regelmäßig verkehrenden Verkehrsmitteln (Flugzeug und Schiff) erreicht werden kann. Die zwischen 30 und 180 Einwohner, zusammengesetzt aus permanent stationiertem Personal und besuchenden Wissenschaftler:innen, werden durch die norwegische Kings Bay Company versorgt, die auch die Infrastruktur des Ortes, also den Hafen, das Wegenetz und die Energieversorgung, betreibt.

Die aktuell wichtigste Aufgabe der NYA-Station ist der Datenempfang der beiden GRACE-Follow-On-Satelliten, die seit 2018 im Orbit sind. Das GFZ ist für den kontinuierlichen und vollständigen Empfang der Satellitendaten verantwortlich. Die Station ist auch fest als primäre Empfangsstation der Nachfolgemission eingeplant, die ab 2028 die Zeitreihe von GRACE und GRACE-FO fortsetzen soll.

Die Betriebskosten der NYA-Station sind vergleichsweise niedrig, was sich insbesondere aus dem weitgehend automatisierten, unbemannten Betrieb ergibt. Dies ermöglicht es dem GFZ, auch andere Satellitenmissionen zu unterstützen, die über keine Mittel für teure Kontakte mit anderen Bodenstationen verfügen. Beispiele dafür sind der seit 2017 empfangene Satellit Flying Laptop (gebaut an der Universität Stuttgart) und der seit 2022 empfangene Satellit TUBIN (gebaut an der Technischen Universität Berlin).

Satelliten müssen im Sichtbarkeitsbereich der Bodenstationen sein, um ihre Daten regelmäßig zur Erde senden zu können. Die Grafik unten zeigt den Sichtbarkeitsbereich von Potsdam (roter Kreis) und den der Station Ny-Ålesund (grüner Kreis). Die Bodenspuren der Umlaufbahnen beider GRACE-FO-Satelliten über 24 Stunden (blaue Linien) kreuzen den Sichtbarkeitsbereich des Standorts Potsdam aufgrund der Erdrotation nur etwa 4-mal pro Tag. Das Alter der in Potsdam (und anderen Standorten in diesen geographischen Breiten) von den GRACE-FO-Satelliten empfangenen Daten kann deshalb im Durchschnitt nicht unter etwa 6 Stunden liegen. Dagegen kann die Station Ny-Ålesund, wegen ihrer Lage auf einer viel höheren geografischen Breite, im selben Zeitraum (24 Stunden) im Durchschnitt über 15 Kontakte zu jedem dieser Satelliten herstellen, unabhängig von der Erdrotation, woraus sich ein maximales Alter der Daten von etwa 1,5 Stunden ergibt. 

Welchen konkreten Nutzen hat die Empfangsstation Ny-Ålesund?

Der regelmäßige, zeitnahe Datenempfang an der NYA-Station ist eine wichtige Voraussetzung für viele zeitkritische Anwendungen. Ein Beispiel ist die sogenannte satellitengestützte GNSS (Global Navigation Satellite System)-Atmosphärensondierung, ein innovatives Verfahren zur Bestimmung von Temperatur- und Wasserdampfprofilen, das u.a. zur Verbesserung von Wettervorhersagen beiträgt. Dabei erfolgen die Messungen auf Satelliten mit speziellen GNSS-Empfängern, wie sie auf GRACE und GRACE-FO installiert sind. Die an die Wetterzentren gelieferten Produkte dürfen nicht älter als drei Stunden sein – dies wird insbesondere durch den zeitnahen Satellitenempfang in Ny-Ålesund erreicht.

Ein anderes Beispiel ist die operationelle Bereitstellung von genauen Bahnvorhersagen für den ILRS (International Laser Ranging Service) auf Basis der von den Satelliten aufgezeichneten GNSS-Daten. Den weltweit verteilten Laserstationen (z.B. SLR-Station Potsdam) wird so eine genauere Ausrichtung der Laserinstrumente auf die Satelliten ermöglicht. Damit kann eine hohe Abdeckung der Satellitenbahnen mit präzisen Lasermessungen erreicht werden.

Neben dem wissenschaftlichen Nutzen ermöglichen die häufigen und regelmäßigen Kontakte zu den Satelliten auch eine quasi kontinuierliche Überwachung der Satelliten und ihrer Instrumente. So können technische Probleme frühzeitig erkannt und kritische Situationen verhindert werden. Dies kann helfen, Ausfallzeiten zu reduzieren und eine lange Lebensdauer der überwachten Satelliten zu unterstützen.

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