23.12.2024

Kalibrierung und Charakterisierung von GRACE-FO-Magnetometern

© Ingo Michaelis

GRACE-FO hat Plattform-Magnetometer, die für die Wissenschaft genutzt werden können

Wissenschaftliche Satelliten zur Messung des Erdmagnetfelds wie CHAMP (2000 bis 2010) und Swarm (seit 2013) enthalten eine Reihe spezieller Instrumente (Skalar-Magnetometer, Vektor-Magnetometer, Sternsensoren, optische Bank, Ausleger). Dieses System aus Instrumenten kann in sich kalibriert werden. Darüber hinaus wurde viel Aufwand in die Kalibrierung am Boden und die magnetische Reinheit der Satelliten gesteckt. Dazu gehört die Kalibrierung der Magnetometer und der Beseitigung aller bekannten vom Satelliten selbst erzeugten Magnetfelder (Charakterisierung) bereits bei der Konstruktion. Die Daten dieser Satelliten-Missionen werden verwendet, um hochaufgelöste magnetische Modelle für Kernfeld, Erdkrustenfeld und externe Magnetfelder zu erstellen. Beispiel für diese Modelle sind Mag.Num (Rother et al., 2021), das Internationale Geomagnetische Referenzfeld (IGRF) und CHAOS-7 (Finlay et al., 2020). 

Ingo Michaelis, GFZ

 

Bedeutung der Magnetometer bei Datenlücken

Satellitenmissionen haben eine endliche Missionsdauer, sie sind begrenzt z.B. durch den verfügbaren Treibstoff, die Alterung der wissenschaftlichen Instrumente sowie unerwartete Ausfälle. So können Lücken zwischen zwei Missionen entstehen, wenn Nachfolgemissionen nicht rechtzeitig geplant und gestartet werden. In diesen zeitlichen Lücken ist die Modellierung des Erdmagnetfeldes wegen fehlender Daten erschwert. Außerdem kann der Satellit nicht an allen Orten der Erde gleichzeitig sein, was vor allem als Lücken in der Abdeckung aller lokalen Zeiten für Studien der schnell variierenden externen Magnetfelder nachteilig ist.

Um diese Lücken zu schließen, können die Daten von sogenannten Plattform-Magnetometern verwendet werden, die auf vielen anderen Satelliten vorhanden sind. Die Daten dieser Bordinstrumente haben zwar nicht die höchste Genauigkeit spezieller Magnetfeldmissionen, können aber für die wissenschaftliche Anwendung durch eine zusätzliche Datenverarbeitung verwendbar werden. Viele Satelliten wie GRACE-FO (Gravity Recovery And Climate Experiment) verwenden Vektor-Magnetometer als Teil ihres Lage-Kontrollsystems (AOCS), also zur Stabilisierung der Flugbahn und zur Navigation. Wegen der fehlenden Referenzmagnetometer werden hochaufgelöste Magnetfeldmodelle als Referenz zur Kalibrierung und Charakterisierung im Flug verwendet. Die Verfügbarkeit dieser Modelle beschränkt daher die Möglichkeit zur Kalibrierung.

Nachdem die Kalibrierung erfolgt ist, können Missionen wie GRACE-FO dazu beitragen, Informationen über das Erdmagnetfeld und die elektrischen Ströme im erdnahen Weltraum zu erhalten. Diese zusätzlichen Datensätze sind äußerst wertvoll, um zeitliche Lücken zwischen speziellen wissenschaftlichen Magnetfeldmissionen (z. B. CHAMP, Swarm) sowie räumliche Lücken in der globalen Verteilung zu schließen, z.B. in der Satellitenhöhe und Lokalzeit. Die Projekt-Website mit veröffentlichten Artikeln und Datensätzen befindet sich im Information System and Data Center (ISDC) des GFZ. 

 

Wer unterstützt die Kalibrierung?

Neben dem GFZ ist das Swarm Data, Innovation, and Science Cluster (Swarm DISC) ein internationales Konsortium zur Verbesserung der wissenschaftlichen Ergebnisse der Swarm-Satellitenmission. Zu den Aufgaben von Swarm DISC gehört die Entwicklung, Identifizierung, Auswahl und Verbreitung neuer Swarm-Produkte und -Dienste, aber auch von Produkten anderer Missionen im erdnahen Orbit (LEO), deren Daten die Ziele der Swarm-Mission unterstützen. Das Hauptinteresse gilt hier Datenprodukten, die sich mit Phänomenen im Magnetosphäre-Ionosphäre-Thermosphäre-System befassen. Die Datenprodukte von GRACE-FO werden vom GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung mit Unterstützung des Swarm DISC auf dem Payload Data Ground Segment (PDGS) der ESA veröffentlicht.

Wie zuverlässig ist der kalibrierte Datensatz?

Die Abbildung 2 zeigt Karten des Magnetfeldes der Erdkruste in nano Tesla (nT). Die linke Abbildung a) zeigt das aus den GRACE-FO Plattform-Magnetometerdaten errechnete Magnetfeld der Erdkruste mit den Daten, wie sie vom Satelliten gemessen wurden. Die mittlere Abbildung b) zeigt das Magnetfeld der Erdkruste aus Satellitendaten nach der Kalibrierung und Charakterisierung. Die rechte Abbildung c) zeigt das Magnetfeld der Erdkruste eines hochaufgelösten wissenschaftlichen Modells (Thébault et al., 2021), also das erwartete Ergebnis. Nach der Kalibrierung und Beseitigung aller vom Satelliten selbst erzeugten Magnetfelder sind Strukturen des Magnetfeldes der Erdkruste deutlich sichtbar, die Abbildungen b) und c) sind ähnlich. Hingegen ist in Abbildung a) keinerlei Struktur des Erdkrustenfeldes erkennbar, denn ein Störsignal mit etwa 20-fach größerer Amplitude überdeckt das eigentliche Signal. Dieses konnte durch die Kalibrierung und Charakterisierung entfernt werden.

Weitere Erforschung des Magnetfelds von Satelliten mit Plattform-Magnetometern

Es ist eine ständige Herausforderung, nützliche Satellitenmissionen zu finden, mit Satellitenanbietern in Kontakt zu treten, die Datensätze abzurufen und die Kalibrierung anzuwenden. Durch den Wechsel von klassischen analytischen Ansätzen zu Methoden auf Basis maschinellen Lernens haben wir ein breites Anwendungsfeld für andere Satellitenmissionen eröffnet. Mit unserer neuen Methode des maschinellen Lernens können wir die gesamte Satelliten-Telemetrie mit einem Minimum an Vorauswahl zur Kalibrierung und Charakterisierung verwenden. Damit sind wir für die kommende GRACE-C-Mission vorbereitet.

 

Literatur und Linktipps