Das räumliche Auflösungsvermögen der GRACE-Missionen wird unter anderem durch die Menge an Sensordaten limitiert, die für die Prozessierung eines globalen Schwerefeldes berücksichtigt werden. Üblicherweise werden Daten über eine Periode von 30 Tagen verwendet, um ein einzelnes Monatsfeld zu berechnen. In einem separaten Schritt können dann nachfolgend lineare Trends des terrestrisch gespeicherten Wassers aus den mittlerweile mehr als 200 individuellen Monatsfeldern geschätzt werden, die seit dem Jahr 2002 mit GRACE und GRACE-FO erfasst worden sind. In einem kürzlich veröffentlichten Artikel (Kvas et al., 2024) wird hingegen ein mathematisches Verfahren beschrieben, mit dem langfristige Trends in einem einzigen gemeinsamen Auswerteschritt berechnet werden können. Damit lässt sich die räumliche Auflösung über das von den Monatslösungen her bekannte Niveau hinaus deutlich steigern.
Dr. Andreas Kvas, Felix Öhlinger und Prof. Dr.-Ing. Torsten Mayer-Gürr, Technische Universität Graz
Der Satellit als Sensor im Erdschwerefeld
Im Gegensatz zu vielen anderen Fernerkundungsverfahren wird das räumliche Auflösungsvermögen der SatellitengravimetrieVerfahren zur Vermessung des Erdschwerefeldes mittels Satelliten. In den vergangenen 20 Jahren wurden verschiedene moderne Varianten realisiert: (1) Laufzeitmessungen zwischen hochfliegenden GPS-Satelliten und einem tieffliegenden Satelliten (high-lo... nicht durch die optischen Parameter einer Kamera oder die Trägerfrequenz eines Radarsystems bestimmt. Bei den Satellitenmissionen GRACE und GRACE-FO ist das Raumfahrzeug selbst der Sensor, welcher sich antriebslos im zeitlich und räumlich variablen Erdschwerefeld bewegt. Hierbei werden die genaue Position und Geschwindigkeit sowie die auf den Satelliten wirkenden nicht-gravitativen Störkräfte durch eine ganze Reihe von sehr präzisen Instrumenten gemessen. Dazu zählen insbesondere (1) die kontinuierliche Abstandsmessung zwischen den beiden Zwillingssatelliten; (2) die Positionierung relativ zu den höher fliegenden GPS-Satelliten; (3) die Vermessung aller nicht-gravitativen Störkräfte mittels eines dreidimensionalen Beschleunigungssensors im Massenschwerpunkt des jeweiligen Satelliten und (4) die Orientierung der Satelliten im Raum mit Hilfe von Sternenkameras. Nur aus der Kombination all dieser Informationen lässt sich ein räumlich variables Erdschwerefeld berechnen. Die Differenzen zwischen Erdschwerefeldern unterschiedlicher Zeitpunkte liefern dann Informationen über zeitliche Änderungen, aus denen auf die Zu- oder Abnahme des terrestrisch gespeicherten Wassers geschlossen werden kann.
Zielkonflikt von zeitlicher und räumlicher Auflösung
Die räumliche Auflösung von konventionellen GRACE/GRACE-FO Schwerefeldprodukten ist auf einige hundert Kilometer limitiert. Diese Einschränkung lässt sich auf den Zeitraum der gesammelten Sensordaten (normalerweise ein Monat), die Flughöhe der Satelliten sowie das Messrauschen der Instrumente zurückführen. Die Anziehungskräfte, welche auf die GRACE/GRACE-FO Satelliten in einer Flughöhe von etwa 500 km wirken, sind im Vergleich zur Erdoberfläche deutlich abgeschwächt. Das empfangene Signal muss jedoch bei der Bestimmung des Schwerefelds und in weiterer Folge der Massenänderung wieder in Bezug zur Erdoberfläche gebracht werden. Bei diesem Prozess wird vor allem das hochfrequente Messrauschen verstärkt. Um diesem Vorgang entgegenzuwirken, kommen traditionellerweise Tiefpassfilter zum Einsatz, welche die Lösung - räumlich gesehen - glätten und die Auflösung somit weiter einschränken. Werden jedoch alle Messdaten der Zeitreihe gemeinsam berücksichtigt und für die Bestimmung des Trends ausgewertet, und nicht die jeweiligen Monatslösungen, kann die räumliche Auflösung deutlich erhöht werden, da sich gewisse Anteile des Messrauschens herausmitteln.
Höhere Auflösung für regionale hydrologische Studien
Exemplarisch sei dies einmal für Region des Ogallala-Grundwasserleiters im Südwesten der USA dargestellt (Abbildung 1). Die gegenläufigen Trends des terrestrisch gespeicherten Wassers nördlich und südlich des Arkansas Rivers werden auch von monatlich berechneten Lösungen (dargestellt ist hier die Kombinationslösung des COST-G Services der Internationalen Assoziation für Geodäsie) gut aufgelöst. Regional besonders stark ausgeprägte Grundwasserverluste im nördlichen Texas oder die leichte Erhöhung der Pegelstände westlich des Missouri Rivers können hingegen nur durch die neu entwickelte gemeinsame Ausgleichung (gekennzeichnet hier als mean field trend estimate (MFT)) detektiert werden. Die neue Methode liefert damit eine bisher unerreichte räumliche Auflösung, die nachfolgend für weitere hydrologische und hydrometeorologische Studien auch in anderen Regionen der Erde genutzt werden kann.
Weiterführende Literatur
Andreas Kvas, Eva Boergens, Henryk Dobslaw, Annette Eicker, Torsten Mayer-Guerr, Andreas Güntner: Evaluating long-term water storage trends in small catchments and aquifers from a joint inversion of 20 years of GRACE/GRACE-FO mission data, Geophysical Journal International, Volume 236, Issue 2, February 2024, Pages 1002–1012, https://doi.org/10.1093/gji/ggad468