Die Satelliten-Laser-Radarstation (SLR) des GFZ in Potsdam arbeitet seit Januar 2003, also bereits seit 20 Jahren, kontinuierlich innerhalb des weltweiten International Laser Ranging Service (ILRS) Netzwerkes. Das SLR-Verfahren wurde 1964 eingeführt und ist nach wie vor eine der genauesten weltraumgeodätischen Techniken, wobei die Messgenauigkeit kontinuierlich verbessert wurde.
Text: Prof. Dr. Frank Flechtner, GFZ
Das Prinzip des Satelliten-Laserradars ist relativ einfach: mittels eines Teleskops werden kurze Laserimpulse in Richtung des Laserretroreflektors (LRR) an Bord eines Satelliten, wie z.B. GRACE oder GRACE-FO, abgestrahlt. Ein geringer Teil des Signals wird vom LRR reflektiert und vom Teleskop wieder eingefangen. Die Zweiweg-Flugzeit (Erde-Satellit-Erde) wird aus der Empfangs- und Abschusszeit der Pulse an der Station gebildet. Mit der Lichtgeschwindigkeit sowie einiger Korrekturen wie z.B. für den Weg, den das Lichtsignal innerhalb der Erdatmosphäre zurücklegt, kann daraus die exakte Entfernung des Satelliten von der Station zur Zeit der Messung abgeleitet werden. Um die Reflektion des Signals über die zum Teil langen Strecken (bis zu 25.000 km) zu maximieren, werden besondere Spiegel eingesetzt. Die LRR reflektieren dabei das Licht immer in die Richtung, aus der es gekommen ist. Dieses Prinzip wird auch bei sogenannten "Katzenaugen" für mehr Sicherheit von Radfahrern im Straßenverkehr genutzt. Satelliten mit Laserreflektoren an Bord werden durch SLR-Stationen auf allen Kontinenten (mit Ausnahme der Antarktis) unter Koordination durch den ILRS beobachtet. Die Genauigkeit des SLR-Verfahrens ist im Wesentlichen durch die technischen Parameter der Bodenstation sowie die Qualität der Spiegel auf dem Satelliten bestimmt. Die Potsdamer Laserstation kann die Entfernung zu Satelliten in Umlaufbahnen von 400 bis 25.000 km über der Erde mit einer Genauigkeit von etwa 1 cm und einer Präzision von bis unter 1 cm messen.
Wissenschaftliche Hauptbeiträge von SLR
Seit 2003 betreibt das GFZ ein qualifiziertes Analysezentrum (“Analysis Center“, AC) innerhalb des ILRS und nimmt dabei an allen Aktivitäten und Pilotprojekten der ILRS „Analysis Working Group“ teil. Das GFZ analysiert auch routinemäßig SLR-Daten der LAGEOS-1 and -2 Satelliten für die Generierung offizieller täglicher und wöchentlicher Produkte, die Stationskoordinaten und -geschwindigkeiten sowie Erdorientierungsparameter (z.B. Polbewegung und Tageslänge, EOPs) enthalten und in die kombinierten ILRS-Produkte eingehen. Die tägliche Kombination dient hauptsächlich zur Vorhersage von Erdorientierungsparametern des „International Earth Rotation and reference systems Service“ (IERS). Von Zeit zu Zeit werden auf Anfrage des IERS lange SLR-Zeiträume für die Entwicklung neuer internationaler Koordinatensysteme, den „International Terrestrial Reference Frames“ (ITRFs) reprozessiert.
Daneben leitet das GFZ aus den SLR-Beobachtungen zeitvariable Koordinaten des physikalisch definierten Geozentrums (Massenschwerpunkt der Erde) relativ zum geometrisch definierten Ursprung des ITRFs sowie weitere statische und zeitvariable langwellige Koeffizienten des Erdschwerfeldes ab. Weiterhin werden die SLR-Beobachtungen zu GRACE oder GRACE-FO benutzt, um die entsprechenden Satellitenbahnen unabhängig von GPS zu kalibrieren.
Eigenschaften der SLR-Station Potsdam
Die Potsdamer SLR-Station ist hochgradig automatisiert. Die beiden Sende- und Empfangsteleskope sowie die komplette Elektronik zur Entfernungsmessung sind computergesteuert. Die hochgradig zentralisierte Operationssoftware wurden vom GFZ Spin-off DiGOS GmbH Potsdam unter Linux entwickelt, wodurch nur eine Person für den Betrieb nötig ist. Trotz des geringen Durchmessers des Empfangsteleskops von nur 0,4 m im Vergleich von bis zu 1m und mehr bei anderen Systemen, zeigt das SLR System Potsdam eine gute Signalausbeute bei Nacht und auch bei Tag. Das ILRS Kriterium für Hochleistungsstationen von 3500 beobachteten Passagen pro Jahr wurde in den letzten Jahren stets erreicht und übertroffen. Weiterhin hat das System ein gute Kurz- und Langzeitstabilität von nur wenigen Millimetern.Seit September 2011 ist ein Festkörperlaser mit einer Wiederholrate von 2 kHz (vorher 10 Hz) sowie kürzeren Impulsen (10 ps gegenüber 50 ps) im Einsatz, wodurch sich die Zahl der Einzelmessungen pro Satelliten-Passage deutlich erhöht hat. Derartige Messungen werden u.a. zur Bestimmung der Spinfrequenz und -orientierung schnell rotierender Kugelsatelliten wie Lares , Blits oder Ajisai verwendet. Im September 2017 wurde außerdem im Zuge eines Hardware-Upgrades die Laserleistung von 0,8 auf 1,4 W gesteigert. Mit dem Lasersystem können die Entfernungen von 400 bis 25.000 km von der Station zu den Satelliten in ihren Umlaufbahnen mit einer Genauigkeit und Präzision von in etwa 1 cm gemessen werden. Im Mai 2017 wurden außerdem gemeinsam mit der SLR-Station Graz (Österreich) mehrere Weltraumschrottobjekte in sogenannten bistatischen Experimenten beobachtet. Dabei hat die Grazer Station Laserpulse zu den Weltraumschrottobjekten für die Entfernungsmessung ausgesendet, die von Graz selber, aber auch in der Potsdam Laserstation empfangen wurden. Damit können Entfernungsmessungen von mehreren Stationen gleichzeitig aufgenommen werden, obwohl nur eine Station Laserpulse zu den Weltraumschrottobjekten sendet. Solche Messungen erlauben die genaue Bestimmung der Umlaufbahn von Weltraumschrott innerhalb kürzester Zeit, wobei mit den zusätzlichen Beobachtungen anderer Stationen die Genauigkeit noch besser wird. Die Notwendigkeit, genaue Bahnvorhersagen in kürzester Zeit zu erhalten, kann z.B. bei drohenden Kollisionen von Weltraumschrott mit aktiven Satelliten und dadurch bedingten Ausweichmanövern relevant werden.
Aktuell arbeitet das GFZ daran, die Station weiter zu modernisieren und für die Zukunft vorzubereiten.
Weiterführende Informationen
- Link zu ILRS (Homepage International Laser Ranging Service)
- Laser Ranging Station Potsdam
- Interview mit Sven Bauer zur Funktionsweise der SLR-Station